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Die Wiedergeburt des Magischen
Das Magische als natürliche Funktion des Unbewussten
von Dr. Walther Kröner

VII. Kapitel - TELEPATHIE IM MENSCHEN-, TIER- UND PFLANZENREICHE

Wir wenden uns nun der Telepathie zu. Dieses Phänomen ist wohl das häufigste, bestbeglaubigte und meistuntersuchteste von allen Okkulterscheinungen. Wir verstehen darunter das "seelische Gemeinschaftserleben" ohne Vermittlung der psychologischen Sinnesorgane.
Die Telepathie kann sich, im Gegensatz zum Hellsehen aus einer seelischen Aura, der "Psychometrie", die ortsgebunden ist, über beliebige Entfernungen vollziehen, ohne dass sich eine Sendeenergie oder überhaupt so etwas wie Sender und Detektor feststellen lässt. Die telepathische "Depesche" - die genau so vom Agenten gesendet, wie vom Empfänger aus dem Unterbewusstsein des Engrammträgers herausgezapft sein kann - verbreitet sich sicherlich nicht wie die elektromagnetische Welle dreidimensional, sondern läuft auf der linearen Telefonleitung des "Rapports" vom "Agenten" zum "Perzipienten" hin. In der Regel wird weder ein optisches noch ein akustisches Abbild noch ein unmittelbarer Begriffskomplex der zu übermittelnden Botschaft gesendet, sondern in den meisten Fällen empfängt das Medium eine Symbol-Darstellung, eine Art chiffriertes Telegramm, aus welchem der Inhalt der telepatischen Mitteilung herausgedeutet werden muss. Es werden offenbar nicht Sinneseindrücke oder innere Vorstellungen des Sendenden in ursprünglicher Gestalt übermittelt, sondern seelische Wesenheiten, Bilder der psychischen Dingwelt allegorischen Charakters.
Diese hierbei zur Verwendung gelangende "Symbolsprache" ist - wie wir wissen - das Verständigungsmittel unterbewusster Seelenschichten und die irrtümlich-archaische Einheitsform der Sprache unter den naturfühlig-telepathischen Menschen der Urzeit. Sie bestand vor Eintritt des "babylonischen Sprachverwirrung", die durch Schaffung der verschiedenen rationalen Laut- und Begriffssprachen aufkam. Dieses "seelische Volapük" versunkener Zeiten und versenkter Bewusstseinsschichten ist dem Bewusstsein entmagisierter Ratiomenschen unverständlich geworden. Aber das träumende, das somnambule, das kindliche, das künstlerische, das neurotische und psychotische sowie das mediale Unterbewusstsein arbeiten noch immer stark mit den Bruchstücken dieser Bildersprache. Die Symboltelepathie beweist, dass das Fernfühlen ein atavistisches Urvermögen des Unbewussten ist.
Freilich kommt neben diesem symbolhaften "Engrammfunk" auch direkte, quasi bildfunkmäßige Wahrnehmungs-Übertragung vor, so dass gelegentlich auch eine direkte Leitung von Ober- zu Oberbewusstsein, ohne transformatische Umschaltung über das Unbewusste, angenommen werden muss. Das Phänomen der Gedankenübertragung ist also recht komplexer Natur und durchaus nicht so einfach zu erklären, wie es sich der moderne Radiobastler in Form eines Gehirnsenders und eines Nervenzellen-Detektors vorstellt! Da außerdem - was in der Natur der Sache liegt - die rationale Kontrolle des Bewusstseins fehlt, das Medium die Vorgänge nicht hervorruft, sondern von ihnen überkommen wird, erlebt man häufig entweder Versager, Konfabulationen oder Deutungsirrtümer, besonders wenn man zur experimentell kritischen Untersuchung der Erscheinungen schreitet.
Wir wollen nun untersuchen, inwieweit wir Entsprechungen zur Telepathie nicht bloß im abnorm-mediumistischen Spaltvorgang, sondern auch im normalen Naturgeschehen finden. Dabei entdecken wir überraschenderweise, dass Telepathie offenbar eine Lebenserscheinung im Tier- und Pflanzenreich darstellt, dass sie als etwas Abnormes, Paranormales nur bei uns kulturverdorbenen Menschen zu betrachten ist. Hier ist der geheimnisvolle "sechste Sinn", den heute noch primitive nomadische und Jägervölker andeutungsweise zeigen und den unsere Urvorfahren sicher einmal als vollwertigen "Normalsinn", ja Hauptsinn besessen haben, verlorengegangen, beziehungsweise aus dem Bewusstseinsraum verschwunden, und deshalb nur noch durch seelische Spaltvorgänge - ähnlich den neurotischen oder schöpferisch-künstlerisch - aktivierbar.

Dass Tiere telepathieempfänglich sind und dass sie sich offenbar sogar auf diesem Wege miteinander verständigen können, wenn sie länger in Gemeinschaft miteinander leben, ist eine Annahme, die sich dem Tierpsychologen aufdrängen sollte. Dass Tiere sogar menschliche Gedanken lesen können, erlebe ich nicht selten mit meiner kleinen Hündin, die prompt vom entferntesten Winkel der Wohnung angesetzt kommt, wenn zu beliebiger Zeit in meinem Gehirn das für sie äußerst bestechende Engramm "Ausgehen!" aufblitzt. Wenn ich gelegentlich bei meinen Ausgängen den Entschluss fasse, ein Auto zu besteigen, so läuft oftmals das Tier spornstreichs voraus und springt an der nächsten wartenden Taxe hoch. Ebenso wenn ich einen Laden betreten will, rast der Hund vorneweg und stellt sich am Eingang auf. Sie fühlt es auch vielfach ohne Wort und Blick, wenn ich sie einmal nicht mitnehmen kann. Alsdann macht sie keinerlei Versuch, mein Herz zu erweichen, sondern verschwindet stillschweigend und geknickt im Körbchen. Einmal, als ich meinen diesbezüglichen Vorsatz in Gedanken plötzlich änderte, kam der Hund vom Nebenzimmer her angestürzt und sprang kläffend gegen die verschlossene Tür. Hierbei muss ich bemerken, dass - genau wie bei manchen Medien - diese Hundetelepathie durchaus nicht immer funktioniert. Sie gelingt am besten, wenn man gar nicht daran denkt, keinerlei telepathische Absichten hegt. Versucht man es jedoch darauf anzulegen, beabsichtigt man eine Übertragung, so misslingt das Experiment in der Mehrzahl der Fälle. Es ist also hier tout comme chez nous. Die meisten der recht zahlreichen Menschen, die spontantelepathische Erlebnisse in größerer Zahl haben, versagen bei Übertragungsversuchen vollständig. Und die Telepathie von Mensch zu Tier ist wohl auch nur ein durch das enge Zusammenleben erzeugtes Kultur- und Kunstprodukt, kein ursprüngliches Naturvermögen.
Etwas anderes ist es mit dem rätselhaften Witterungssinn, den Ferninstinkten vieler Tiere. Da gibt es Nachtfalter, die auf stundenweite Entfernung ein Weibchen wittern, wobei angeblich die Fühler als "Antennen" dienen sollen. Wir erinnern uns an den Orientierungssinn der Zugvögel oder an die merkwürdigen Gemeinschaftsleistungen von Bienen und Ameisen und höheren Herdentieren, die ohne eine gemeinschaftsleitende Intelligenz, eine Art von "Herdenseele", und ohne telepathische Verständigung der Individuen untereinander, und gleichzeitig zu dieser transzendentalen Sammelintelligenz hin, nicht denkbar sind. Hier haben wir also normale Naturvorgänge rein magischer Art. Und schon diese Tatsache lässt darauf schließen, dass auch der Mensch in seinem noch nicht sinnenverkümmerten Urzustand ein magisches Wesen war. Sonst würde dieser Umstand auch nicht in allen, aber auch allen Mythologien sämtlicher Völker immer wieder eine dominierende Rolle spielen. Diese verkleideten magischen Wahrheiten der Mythen - dem Aufklärungszeitalter zu kindlich-wunschhaften und abergläubischen Allegorien verblasst - beginnen unserem vom Dornröschenschlaf der Seele erwachenden Zeitalter mehr und mehr als köstliche Wirklichkeiten aufzugehen.

Aber auch im Pflanzenreich gibt es so etwas wie Gattungsseele und Telepathie. Wie erklärt es sich, dass manche Baumarten, die aus Stecklingen eines bestimmten Stammbaums gezogen sind, wie beispielsweise die Pappeln, gemeinsam aussterben, wenn die Stammpflanze eingeht? Oder wenn eine künstlich gezüchtete Blumensorte auf der ganzen Welt gleichzeitig verschwindet, wie seinerzeit die berühmte la France-Rose? Also auch hier Gemeinschaftsseele, Gemeinschaftsleben und Gemeinschaftstod räumlich völlig entfernter, nie vereinigt gewesener Individuen. Wir wissen auch, dass gewisse Südweinsorten genau in jener Nacht im Fass zu gären, zu "sausen" beginnen, in welcher die Weinstöcke, von denen sie stammen, aufblühen. Es ist dabei ganz gleichgültig, wie weit das Weinfass vom Ursprungsort entfernt ist. Welch rätselhafter magischer Kontakt besteht hier zwischen den Pflanzen und dem viele Meilen entfernten Saft ihrer Früchte!
Schließlich sei noch an die verschiedenen Periodenlehren erinnert, die den Lebenslauf in Rhythmen von 23, 28 und 33 Tagen einteilen und rechnerisch nachweisen wollen, dass beispielsweise in einer Sippe die Geburts- und Todestage der einzelnen Mitglieder sich gegenseitig durch diese Perioden determinieren, also magisch voneinander abhängen.
Wir sehen mithin, dass Telepathie oder mindestens etwas ihr vollkommen Analoges im weiten Naturreich eine verbreitete Normalerscheinung bildet und dass wir uns somit als Parapsychologen durchaus im naturwissenschaftlichen Rahmen betätigen, wenn wir diese interessanten Phänomene im Menschen-, Tier- und Pflanzenreich etwas eingehender studieren, als dies die Schulwissenschaft bisher getan hat.
Es hat sich gezeigt, dass zwei der wichtigsten Okkultprobleme, das odische und das telepathische, eigentlich nicht okkult im engeren Sinne, sondern Regelerscheinungen jeglicher Daseinsstufen sind, die lediglich beim Menschen aus der Bewusstseinssphäre verschwanden, so dass sie dort nur noch als abnormer Okkultvorgang ins Bewusstsein treten. Dieser Umstand lässt uns vermuten, dass auch die übrigen Manifestationen der medialen Magie sich als Sonderabwandlungen biologischer Urvorgänge entpuppen werden und dass sie gleichfalls dem Gesetz der seelischen Spaltung gehorchen.


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