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Die Petruslüge
Idee und Werk des Antichristen
von Stephanie Irle, Daniel Garisch

Auszug aus dem Prolog
Im Jahre 1209 organisierte Papst Innozenz III. einen Kreuzzug gegen die Albigenser in Südfrankreich. In dem
zwanzigjährigen Verlauf des Kreuzzuges wurde der Vorgänger der Inquisition ins Leben gerufen. Bereits zwei
Jahre nach Kriegsende ließ sein Nachfolger Gregor IX. den Excommunicamus verfassen, die Ketzerschriften.
Diese bedeuteten eine juristische Grundlage für die Inquisition, sie wurde somit offiziell institutionalisiert und
gerechtfertigt.
Wie kam es, dass durch eine einzige christliche Gegenbewegung ein Kreuzzug innerhalb des christlichen
Abendlandes und die Einrichtung eines Amtes zur Verfolgung von Ketzern ausgelöst wurden? Was hatten die Albigenser getan, dass der Vatikan derart in Panik geriet? Was waren die Albigenser für Menschen und welchen Glaubens waren sie? Waren sie keine Christen?
Die Albigenser sind uns heute auch als Katharer bekannt, ein Name, aus dem sich direkt das Wort Ketzer
ableitet. Die später umgangssprachliche Bezeichnung „Ketzer" bedeutet in ihrem griechischen Ursprung
(katharos) „rein". Schon das alleine galt für den Papst und seine Kirche als eine Beleidigung, denn die
Albigenser hielten ihren Glauben tatsächlich für die reine Lehre, wogegen sie die römisch-katholische Kirche als Werk Satans und den Papst als Antichristen bezeichneten.
Die „reine Lehre" der Albigenser hatte ihre Wurzeln in der Gnosis, die ein dualistisches Gottesbild beinhaltete, welches von einem guten, geistigen Gott ausging, sowie von einem schlechten, materiellen Gott, der die Welt mit all ihrem Bösen darin geschaffen hatte. Dieses Böse galt es für die Albigenser zu überwinden, deshalb verdammten sie auch die Lehren des Papstes und seine Kirche, da sie beides als materiell orientiert und damit als böse identifizierten. In ihren Augen handelte es sich um eine dem Diesseits zugewandte Kirche, die kein Seelenheil zu bieten hatte. Demgegenüber verehrten die Albigenser den guten, immateriellen, den jenseitigen Gott, der für sie die wahre Erlösung und Wiederauferstehung von den Toten bedeutete.
Und das war schon alles? Das brachte den heiligen Vater und seine Kurie (Verwaltung d. Vatikans) so stark ins Schwitzen, dass sie einen heiligen Krieg und einen teuren Polizeiapparat initiieren mussten? Sicherlich, diese Ketzer waren erfolgreich in der Verbreitung ihres Glaubens, doch der Vatikan behielt die Inquisition bei, auch nach dem Ende des Krieges. Warum diese Vorsicht, warum dieser Weitblick in die Zukunft?
Sollte hinter der Gnosis mehr stecken, als nur die Modeerscheinung einer Sekte, aus der man mit der Zeit auch
einfach einen neuen Orden im Schoß der Kirche hätte machen können? Beispiele dafür hatte es vorher genug
gegeben: Franziskaner-, Dominikaner- und Zisterzienserorden hatten in ihren Anfängen jeweils dem materiellen Leben zugunsten der Armut und der Askese abgeschworen. Sie hatten dementsprechende Ordensregeln eingeführt, um nach dem Beispiel Jesu zu leben. Trotzdem waren sie durch den Vatikan anerkannt worden. Wo lag also das eigentliche Problem?
Für „normale" Menschen ist das Christentum die Religion der Liebe. Versöhnung und Vergebung sind für alle
Gläubigen integrale Bestandteile der Botschaft Jesu. Muss da nicht zwangsläufig die Frage aufkommen, warum die Stellvertretung des Heilands auf Erden, dafür gesorgt hat, dass die Gewalt und der Wille zu Morden wie im Falle der Albigenser keine Ausnahme in der Kirchengeschichte darstellen? Denn zusätzlich gab es ja auch die Phänomene der Hexenverbrennungen, die Kreuzzüge gegen diverse Heiden und Juden, die brutale Missionierung so genannter „Wilder" und die Ermordung vieler „Taufunwilliger". Wie passt das zusammen? Wie konnte es dazu kommen? Diese Fragen lassen sich wohl nur beantworten, wenn man die Interpretationen der Bibel und die Unterschiede in den Lehren dieser Interpretationen, von Katharern wie Katholiken, in der Bibel selbst sucht. An den biblischen Wurzeln der Katharerbewegung, sowie in den möglichen Quellen der katholischen Lehre in der Bibel, wollen wir in dem folgenden Buch Fragen wie den oben gestellten nachgehen. Dabei erheben wir weder wissenschaftlichen Anspruch, noch wollen wir konstruierten kirchlichen Dogmen folgen, wenn wir uns um Antworten bemühen. Denn wenn die Bibel eine Wahrheit enthält, die für alle Menschen gleichermaßen gültig ist, dann muss sie durch den Verstand erfasst werden können, der jedem Menschen zugänglich ist. Man mag das für einen Schritt zurück in der Bibelforschung betrachten, die schon längst davon ausgeht, dass die Autoren der Bibel nicht die sind, für die man sie lange gehalten hat, und dass viele Texte durch die Zeit hinweg verändert worden sind. Doch welcher normale Mensch hat schon Zugang zu den Ergebnissen der kritischen Theologie oder der Geschichtswissenschaft? Und welcher normale Mensch hat schon die Zeit, die Sprache der Wissenschaft zu erlernen, um die Ergebnisse dieser Forschung auch nachvollziehen zu können? Die Wissenschaft bleibt in der Gretchenfrage des Glaubens nur zu gern unter sich, und diesen Umstand wollen wir mit diesem Buch ändern. Es soll nicht alle Fragen beantworten, sondern Fragen aufwerfen und einen Einstieg in spannende Vorkommnisse der Glaubensgeschichte ermöglichen.
Deshalb wollen wir uns an den Grundsatz Luthers halten, der besagt, dass nur die Schrift selbst zähle. Nur was in der Schrift zu finden sei, verspreche die Wahrheit. Luther selbst dürfte keine Ahnung davon gehabt haben, mit welchem guten Recht er diesen Grundsatz aufstellte...


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