Vampire und Blutrituale

von Frater Piarus O'Flanagan

Auszug aus Kapitel 5 - Hexenkunst und Vampirismus
Gelegentlich, jedoch äußerst selten, erregen die Seelen sich so sehr, dass sie nicht nur in lebende Körper eindringen, sondern - von unglaublicher Kraft getrieben - in die Leiber zurückkehren, die sie einst bewohnten, und - als wären sie auferstanden - furchtbare Taten verüben.
So lesen wir z. B. im Grammatical Saxon, dass zwei Männer namens Assuit und Asmond einander geschworen hatten, dass derjenige, der den Anderen überlebte, bei dem Toten im Grab wohnen werde. Assuit war es, der als erster von beiden an einer Krankheit starb, und er wurde zusammen mit seinem Hund und seinem Pferd in einer Grotte bestattet. Asmond, der sein Versprechen nicht vergessen hatte, nahm genug Essen mit, um für eine lange Zeitspanne versorgt zu sein, und ließ sich zu dem toten Freund ins Grab sperren.
Eines Tages zog der schwedische König Erik mit seiner Armee an der Grotte vorbei. In der Hoffnung, darin einen Schatz zu finden, befahl er, Assuits Grab möge geöffnet werden. Dabei entdeckte man Asmond - einen schrecklich entstellten Asmond, dessen Fleisch verfault war und der in einer Blutlache lag. Das Blut strömte aus einem Loch in seinem Kopf, dort, wo einst das linke Ohr gewesen sein musste. Assuit hatte es ihm bei seinen grausamen und gnadenlosen Angriffen in den Nächten, wo er zum Leben erwacht war, abgerissen. Als der König fragte, wer all diese Gräueltaten verursacht habe, antwortete Asmond:
"Wer sollte sich vor einem so gestaltlosen und bleichen Wurm fürchten? Alle Lebenden verschwinden inmitten der Toten. Ich weiß nicht, wie Estigia es machte, der Geist von Assuit jedoch wurde aus der Hölle zurückgesandt, so dass er sein Pferd verschlingen und auch seinen Hund in sein unersättliches Maul stopfen konnte. Es genügte ihm jedoch nicht, Pferd und Hund in sich hineinzuschlingen, so stieß er seine Klauen auch in mein Fleisch und riss mir das Ohr ab. Deshalb sieht mein Gesicht so Furcht erregend aus, und deshalb strömt Blut aus jener Wunde. Natürlich ließ ich das höllische Monstrum nicht ungestraft davonkommen, deshalb hackte ich ihm den Kopf ab und stieß ihm das Schwert in den sündigen Leib."
Dieser Bericht stammt aus dem Buch De occulta philosophia von Cornelius Agrippa von Nettesheim. Das Werk entstand etwa um 1500, also ganze 200 Jahre, bevor Europa von der Vampirhysterie heimgesucht wurde.
Agrippa, ein Mitglied des Hofes von Karl V und Maximilian I, war einer der größten Magier aller Zeiten, außerdem ein großer Kabbalist, Alchimist und Theurgist.
Der gesamte Bereich der Magie spielt in der Geschichte des Vampirismus eine wesentliche Rolle - egal, ob unter der Bezeichnung Hexenkunst, Schamanismus oder Voodoo.
Was jedoch ist die Ursache jener engen Verbindung? Einfacher Glaube? Wohl nicht, denn es kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass die Magie es war, die den Vampirismus ins Rollen gebracht hat. Und wenn ich Magie sage, erweitere ich damit die eigentliche Wortbedeutung und verleihe ihr einen neuen Stellenwert.
Magie kann verstanden werden als die uneingeschränkte Beziehung zwischen Mensch, Mysterium und dem Okkulten. Sie ist der Versuch, jene Beziehung zu verstehen und - was noch wichtiger ist - sich selbst als Individuum und Angehöriger der Spezies Mensch zu begreifen. Die Wissenschaft ist die Schwester der Magie - in unserer umfangreichen Studie sollten wir daher den Bereich der Parapsychologie nicht außer Acht lassen.
Aufschlussreicher als meine Worte sind hierbei die Gedanken von Arthur Machen, vor allem in jenen seiner Schriften, die in irgendeiner Weise mit Vampirismus zu tun haben.
In einigen seiner Werke präsentiert Machen dem Leser eine erleuchtete Vision, die den Lehren von To Mega Therion sehr ähnelt. Sein Werk enthält hoch interessante Reflektionen zu Themen, die die gesamte Skala von vulgär über verblüffend bis zum Erhabensten abdecken. Obgleich er von manichäischen Vorstellungen geprägt war, entwirft Machen mehrere fantastische Theorien - wie z. B. die Kalas, die geheimen Zentren oder unerforschten Gebiete des menschlichen Organismus. Auch auf Gedanken, die an Nietzsche denken lassen, Gedanken jenseits von Gut und Böse, stoßen wir in seinem Werk. Die Herren der Welt müssen die Grenzen von Gut und Böse überschreiten, denn nur wer jene Extreme kennen gelernt hat und sie zu transzendieren weiß, wird die wahre Welt, die letzte Ursache allen Daseins, erreichen können.
Den Himmel dem eigenen Willen unterstellen und Gott sein zu wollen - dies ist die größte Blasphemie von allen. Wer so handelt, ist ein schwarzer Asket und verkehrt - im Gegensatz zu anderen Eingeweihten - mit den Mächten der tiefsten Abgründe, wo das Böse wohnt. Seien wir keine Heuchler - das Verhalten solcher Menschen ist oftmals reiner als das vieler Heiliger.
Die Eingeweihten des rechten Pfades versuchen, ihr Bewusstsein hinauf zum Göttlichen zu lenken, indem sie ein untadeliges Leben voller Spiritualität führen. Die schwarzen Asketen werden von einer Furcht erregenden Leidenschaft getrieben und haben sich der Suche nach den inversen Mysterien verschrieben. Eine Erklärung für jene Leidenschaft entzieht sich dem durchschnittlichen Verstand. Nur dem Erleuchteten, der das Licht und die Dunkelheit kennt, wird jenes Wissen wirklich zuteil.
Hexenkunst und weibliche Kulte sind so alt wie die Zeit. Im Paläolithikum galt der weibliche Körper als heilig, als göttlich von Natur aus, als ein Mysterium, die Anima Mundi.
Für viele Anthropologen und Mythenforscher war die Frau der Schoß des Wissens und der magischen Kräfte.
Überall auf der Welt gibt es Mythen, die von dem Prozess berichten, den Männer erst durchlaufen mussten, um sich ihrer Macht auf kontrollierte Weise bedienen zu können. Ein Resultat jener Macht war die Gründung ausschließlich männlicher Geheimgesellschaften, ähnlich den Freimaurern unserer Tage.
Der weibliche Ansatz orientierte sich mehr an Pflanzen, der männliche mehr an Tieren.
Dies führt zu einem Konflikt zwischen einer dem Menschen innewohnenden Göttin und einem transzendentalen Gott. Viele der bösartigen und dämonischen Eigenschaften, die Frauen oft zugeschrieben werden, haben mit diesem Wandel zu tun. Wir wissen, dass die Götter der Verlierer zu den Dämonen der Sieger werden, und mit dem weiblichen Archetypus verhielt es sich nicht anders.
Bei den alten Kulturen war Vampirismus aufs engste mit dem Weiblichen verbunden: Lamia und Lilith sind nur zwei Beispiele aus einer unendlich großen Schar lasziver und dämonischer weiblicher Gottheiten. Auch weiß jeder, dass bei den großen Religionen der Neuzeit die Frau stets mit dem Bösen, mit Sünde und Versuchung assoziiert wird.
Wir sehen: Einigen Theorien zufolge hat es einst ein Matriarchat gegeben, das schließlich durch das Patriarchat ersetzt wurde. Und so polemisch diese anthropologische These auch anmuten mag, so stützt sie sich immerhin auf die Grundlagen der Tiefenpsychologie, wo auf die orale Phase (die Identifikation mit der Mutter) die phallische (patriarchale) Phase folgt. ...

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